Ball Pass Crossing – Route (NZ)

Wenn ich gefragt werde, welches die schönste Tour auf meiner Weltreise war, ist dies verständlicher Weise nicht so einfach zu beantworten. Denn die Schönheit der einzelnen Tracks ist gerade die Verschiedenheit. Die Tour über den Balls Pass hatte mich aber schon vor der eigentlichen Reise beschäftigt. Alleine was der Neuseeland Guide darüber schrieb hatte mich überzeugt, dass ich dies Route angehen muss. Der Ball Palls ist in der Verlängerung eines Bergkamms, welcher vom berühmt berüchtigten Mt. Cook abgeht. Mitten in den neuseeländischen Alpen zu stehen ist definitiv schon einen Besuch wert.

Leider war das Wetter sehr ungnädig. Der Winter kam schon recht früh und als ich Mt. Cook Village ankam – das am nahesten gelegene Touristendorf – war es am Regnen. Aber noch schlimmer, in der Nacht fing es an zu schneien und so sank das Schneelevel immer tiefer. Auch wenn der Pass nur 2110m hoch ist, muss die Überquerung dessen als alpin gesehen werden. Die gesamte Umgebung rund um den Mt. Cook ist berüchtigt für das schnell umschlagende Wetter.

Ich begann also meinen Aufenthalt in der nicht gerade aufregenden Mt. Cook Village mit 5 Tagen Hostel rumlungern und ein paar Trips zum Bergsteigermuseum und dem kleinen Laden im Hotel. Da dieses Dörfchen ein Touristenmagnet ist, sind auch die Preise dementsprechend hoch, selbst das Hostel war um einiges teurer als üblich. Zum Glück hörte zuindest der Regen auf und ich ging am ersten bewölkten Tag das Tal erkunden und Richtung Mullers Hut.

Am 7. Tag wurde ich jedoch für das Ausharren belohnt. Der offizielle Wetterdienst bescheinigte 2 Tage beste Sonne, also genau die beiden tage die ich brauchen würde um mich über den Pass zu schleppen. Aufgeregt ließ ich all meine entbehrliche Ausrüstung in dem Gepäckraum des Hostels und stürmte zum Alpincenter. Dort lieh ich einen GPS Notsender aus und ging in Richtung Ball Pass. Der Guide hatte für die Strecke von der Mt. Cook Village bis zum ersten Anstieg 2-3 Stunden angsesetzt, ich brauchte allerdings 5 Stunden. Denn die Hänge entlang des Gletschers, an dem man parallel entlang lief waren häufig runter gekommen.Zudem war der Pfad mit losen Steinfeldern überseht, die ein einfaches Überqueren ohne hinzufallen oder umzuknicken schwierig machten. Als letzter Faktor muss ich noch erwähnen, dass der Ball Pass eigentlich eine geführte Tour ist und offiziell als Route geführt wird. Im Gegensatz zu einem Track bedeutet das, dass keinerlei Markierungen vorhanden sind. Man muss sich die Route selber suchen.

Ich erreichte gegen 17 Uhr den letzten Zeltplatz vor dem Aufstieg, welcher nach kurzer Zeit in den ersten Schnee mündete. Da es saisonbedingt schon zu dämmern begann, war der Beschluss hier zu übernachten schnell gefasst. Nachdem ich mein Zelt aufgeschlagen hatte, sah ich drei Gestalten den Berg herunter steigen. Zu meinem Glück, waren sie meine angestrebte Route in entgegengesetzter Richtung gelaufen. Da es in der Nacht nicht schneite hatte ich somit Fußspuren, die das suchen einer geeigneten Route erleichtern würden. Denn da der gesamte Berg unter einer tiefen Schicht Schnee lag, waren die Fotos der Sommer Route die ich einstudiert hatte nicht gerade hilfreich. Sie verrietenmit jedoch auch, das sie wesentlich länger gebraucht hatten als geplant, da der Schnee zum einbrechen neigte und teilweise Knie tief lag.

Ich stand also früh auf und begann den Aufstieg. Die Aussichten waren spektakulär und ich begann zu verstehen, warum sich einige Leute die Mühe machen einen hohen verschneiten Berg zu besteigen. Die Fußspuren waren hilfreich, allerdings war die Gruppe auch zum Teil falsche Wege gegangen und ich musste an ein paar Stellen eine andere Route wählen. Ich kam jedoch wegen des Schnees nur langsam voran. Die Faustregel, das man im Schnee die benötigte Zeit mal 1.5 nehmen sollte konnte durchaus bestätigen. Ich erklomm den Pass, der nahe eines Gletschers liegt und im letzten Abschnitt vereist war gegen 16:30 Uhr. Nach kurzer Pause und der Realisierung schon 10 Stunden gegangen zu sein, begann ich zügig den Abstieg auf der anderen Seite. leider bedeutete das einen Verlust an einigen hundert Höhenmetern, den man später wieder gut machen musste. Vorbei an einem weiteren Gletscher und einem zum Glück kürzeren Aufstieg auf einen Bergkamm begann die Dämmerung einzubrechen. Ich hatte das Glück einen hellen Vollmondes und konnte so auch ohne Stirnlampe noch halbwegs den Weg erkennen, der entlang des Bergkamms über vereiste Felsenblöcke verlief.

Erst um 19 Uhr und tiefer Dunkelheit kam ich an der privaten Berghütte an, an der man ohne Lawinen oder Steinschlag Gefahr zelten kann. Schon aus einiger Entfernung hatte ich das beleuchtete Fenster erkennen können, die mir zum Schluss noch mal den benötigten Energieschub verleihte. Ich baute schnell das Zelt auf und wurde von den drei Berg Guides auf einen Schuss Rum in die mit Feuer beheizte Hütte geladen. Mein timing hätte wohl nicht besser sein können, da sie gerade die Hütte für den Winter dicht machten und somit hätte ich einen Tag später vor verschlossenen Türen gestanden.

Ich bedankte mich für die Gastfreundschaft und bestieg dann meinen dicken Daunenschlafsack um bei ca -5° Celsius in tiefen Schlaf zu sinken. Ich wachte nicht einmal durch die röhrenden Schneelawinen auf, welche alle 10-20 Minuten auf der anderen Seite des Tals den Berghang hinunter fielen.

Am nächsten morgen verabschiedete ich mich von den Guides, welche mir noch den Tipp mit der Abkürzung verrieten. Ich musste nur schnell meine gefrorenen Schuhe mit dem Gaskocher auf schmelzen sowie ein wenig Schnee kochen und schon war ich wieder auf den Beinen. Ich merkte jedoch,  dass ich am Vortag durchaus an meiner persönlichen Leistungsgrenze angekommen war. Ich entschied mich deshalb für einen kurzen Abstieg und ging in Richtung Abkürzung. Die schwierige Passage kam gleich zu Anfang, an der man einen 4 Meter tiefen steilen Felshang rückwärts mit Rucksack runter klettern musste. Das meisterte ich aber ohne Zwischenfall und folgte den Fußspuren der Guides Richtung Tal. Leider erreichte ich bald die Schneegrenze und musste nun wieder alleine die Route finden. Alsbald stieß ich auch auf ein Problem: Eine tiefe Felsenschlucht, die ich evtl. runter kommen, jedoch nicht wieder hochkommen würde. Da einige solcher Aktionen in gefährliche Situationen enden können entschied ich mich eine Alternative zu suchen. Nach ca 10 Minuten herum gucken fand ich auch des Rätseln Lösung: eine gut versteckte Aluminium Leiter, welche die Felsen überbrückte. Natürlich hatte der Guide diese nicht erwähnt.

Nach dieser Aktion und das stolpern in 1 Meter Entfernung zu einem 200m tiefen Abgrund (mein Herz setzte da eine Sekunde lang aus…) ging es einen dicht bewachsenen Abhang hinunter. Im Tal angekommen wischte ich mir den Schweiss herunter und machte eine kurze Pause. Den Abstieg hatte ich in knapp 3 Stunden geschafft – eine gute Zeit wenn man bedenkt, dass ich für den Weg zur Hütte mehr als 12 Stunden gebraucht hatte. Ich ging leichten Schrittes zum nächstgelegenen Parkplatzes und konnte ein nettes aufbrechendes Pärchen überreden, mich zum Hostel zu fahren. Den Rückweg konnte ich so in unter 4 Stunden regeln – das ist sicherlich nicht weit entfernt von einem Geschwindigkeitsreport.

Positive Erfahrungen: Unglaublich schöne alpine Landschaft, gerade im Schnee. Gletscher auf 1800m begutachten. Fernab der abgetretenen Touristenpfade.

Negative Erfahrungen: Sehr schweres Terrain im Winter/Schnee und ohne GPS schwer zu navigieren. Trotz Fußspuren und GPS kam ich einige Male nicht weiter ohne das ich ein Risiko hätte eingehen zu müssen (viel “backtracking”)

Fazit: Eines der Highlights meines Neuseeland Aufenthalts. Jeder mit ein wenig alpiner Erfahrung und Selbstvertrauen, sollte ich daran machen diese Route zu begehen. Zusätzlich kann man sich viele Informationen zu dieser Route im Alpincenter der Mt. Cook Village holen. Im Schnee sollte man jedoch den Zeitfaktor einplanen, damit man nicht an seine Leistungsgrenze stößt. Am besten also im Sommer überqueren.

Link zur offiziellen Webpräsenz (englisch)

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