Camino Primitivu ’10

Da ich mir aus beruflichen Gründen nicht mehr als zwei Wochen Urlaub am Stück nehmen konnte, suchte ich nach einem schnell geplanten günstigem Wanderurlaub mit kurzer Anreise-Zeit. Sofort fiel mir der Camino de Santiago ein. Da ich diesen aber schon zweimal zumindest teilweise gewandert war, musste etwas Variation her.
Ich stöberte im Netz herum und wurde fündig: Der Camino Primitivu. In diesem Falle könnte man ihn als “Der ursprüngliche Weg” bezeichnen, da angenommen wird, dass im Mittelalter viele Pilger diese Route einschlugen. Der Charme an dieser Wegvariante ist, dass er heutzutage verhältnismäßig wenig begangen wird. Das liegt wohl auch daran, dass der Weg eine Menge Höhenmeter einschließt und die Abstände der Herbergen   deutlich größer sind  im Vergleich zum Camino Frances.
Ich ließ mich davon natürlich nicht abschrecken und flog erst mal nach Oviedo, Spanien, um von dort loszustarten. Ich kam am Sonntag an, fand zum Glück einen offenen Markt für letzte Vorräte und PET Wasserflaschen und ging zur Herberge in Oviedo, um den Pilgerpass zu erwerben.
Der Herr in der Herberge war sehr nett, aber er konnte kein Wort deutsch oder englisch und ich konnte kein Wort spanisch, somit verständigten wir uns mit Handzeichen und ich erriet den Rest der Angaben wie Geschlecht oder Ausweisnummer. Danach zeigte er noch per Armschwenk in die Richtung des Weges und ich begann den Marsch.

Gleich mein erster Wandertag begann mit einem Problem, auf das ich nicht gefasst war: Die Herbergen haben alle keinen Verwalter wie auf dem Camino Frances. Die erste Herberge war sogar verschlossen und da ich der einzige Pilger war, der anscheinend dort übernachten wollte, wartete ich eine Weile auf der Treppe. Ich versuchte die Dorfgemeinschaft anzusprechen, jedoch fand ich niemanden, der Englisch konnte. Somit entschied ich mich, einfach unter dem Vordach zu schlafen, wo nur meine nicht vorhandene Schlafunterlage in Zusammenhang mit dem Steinboden Probleme machte. Ich überstand die Nacht jedoch mit genügend Schlaf und bekam auch schon am nächsten Tag die Lösung dieses Herbergsrätsels präsentiert: Ich erfuhr von einem Pilger, den ich in der nächsten Herberge einholte, dass man den Schlüssel bei dem Restaurant des Dorfes bekommen kann. Es kann also manchmal hilfreich sein, die lokale Sprache zu sprechen.

Ich fand schnell zwei spanische Pilger, mit denen ich bis zum Ende zusammen wanderte. Eigentlich waren sie nicht darauf aus, wie ich den Weg in unter zwei Wochen zu wandern, aber ich agierte ein wenig als Fitness-Trainer und schon nach der ersten Woche waren die 30km im Schnitt gar keine Frage mehr.

Der Abschnitt von Oviedo bis hin zu dem Punkt, wo der Primitivu auf den Camino Frances trifft, ist wirklich fantastisch. Die Herbergen sind gemütlich klein, allerdings auch recht spärlich gesät, sodass man viele Pilger in jeder Herberge wiedersieht. Allerdings waren wir in ab der 3. Herberge insgesamt nur 6 Pilger, nämlich unsere Männertruppe und drei ältere Damen, die extrem lustig waren. Natürlich war ich der einzige, der nicht aus Spanien kam, aber ich lernte schnell ein paar Phrasen und konnte mich sonst mit Pedro auf Englisch unterhalten, welcher auch als Dolmetscher einsprang.

Wir machten häufiger Halt in kleinen Bars und Cafes und konnten somit trotz der vielen gelaufenen Kilometer den Weg richtig genießen. Leider ist der letzte Abschnitt auf dem Camino Frances nicht mehr zu empfehlen. Die Pilgerherbergen sind überfüllt, obwohl sie meist 50 Betten oder mehr haben. Die Masse an Pilgern, die man jeden Tag überholt, beginnt schnell zu nerven. Das ging nicht nur mir so, sondern auch meinen spanischen Wanderkollegen. Wir waren somit froh, in Santiago angekommen zu sein,  nach einem Tag in der Stadt trennten sich dann aber unsere Wege, da ich die beiden überreden konnte, nach Finis Terre weiterzupilgern und ich leider zum Flughafen musste, um zurück nach Hause zu fliegen.

Positiv: Die Pilger auf dem Primitivu sind meist spanisch und super freundlich, die bergige Szenerie des Primitivu ist fantastisch, die kleinen typischen Orte sind wirklich urig und heißen einen willkommen

Negativ: Der letzte Abschnitt auf dem Camino Frances, teilweise etwas längere Strecken auf Straßen zu wandern.

Fazit: Wenn sich jemand entscheidet, den Camino nach Santiago zu laufen, empfehle ich abseits des Camino Frances zu laufen. Es gibt genügend alternative Routen und man sollte auf keinen Fall den Primitivu auslassen!

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