Camino Frances ’04

Der Jakobsweg oder auch Camino de Santiago ist einer berühmtesten Wanderwege der Welt. Zudem ist er mittlerweile der bekannteste christliche Pilgerweg. Das war im Jahre 2004 noch etwas anders und in meinen Augen auch noch leicht romantischer. Denn eine Pilgerherberge hat definitiv mehr Charme, wenn dort nicht 50 Pilger aufeinander hocken und man deswegen dann eher den Kontakt miteinander meidet.

Die Idee, ein Stückchen des Camino zu laufen, kam mir nicht wirklich plötzlich. Das erste Mal war ich im Jahre 1997 mit den Pfadfindern den Camino von Sarria bis nach Santiago de Compostela gewandert. Damals trafen wir kaum weitere Pilger und nächtigten häufig in der freien Natur. Die Wanderstrecke kann nicht wirklich als spektakulär gelten, sie ist dafür aber wirklich urig und typisch für das ländliche Gallizien.

Zurück zum Jahre 2004: Ich wollte  mit meinem Kumpel Jens verreisen. Da wir beide aber quasi mittellos waren – unser Zivildienst warf nicht wirklich viel Geld ab – schlug ich vor, einen Wanderurlaub in der doch recht kostengünstigen Camino-Gegend zu machen. Da zu dieser Zeit auch die Pilgerherbergen noch nicht die erzwungene Spende eingeführt hatten und wir ohnehin mit Zelt unterwegs waren, entschlossen wir uns, auf die “Ryan Air und Billig-Wein-Tour” einzulassen und machten uns Anfang Juli auf den Weg.

Der erste Test für unsere Nerven folgte  gleich auf dem Flughafen in London, wo wir übernachten durften (natürlich ohne Hotel wegen des eingeschlagenen Sparkurses). An einen Tiefschlaf war nicht zu denken, eigentlich dämmerten wir nur leicht dahin, da alle 2 Minuten der Gepäckwagen mit einem nervtötenden Piepen vorbeifuhr.

Als wir in Santiago de Compostela angekommen waren, setzen wir uns in den Bus und fuhren “zurück” nach Sarria. Dort besorgten wir uns unsere Pilgerausweise und machten uns auf den Weg. Gleich die erste Nacht verbrachten wir im Zelt nahe Sarria, da wir spät loskamen und nicht in der Herberge einkehren wollten. Somit stellte sich gleich am ersten Morgen das typische Bild ein, welches uns die gesamte Reise begleiten sollte:

Gegen 9 Uhr krochen wir gemächlich aus dem Schlafsack, erhitzten das Wasser für den Kaffee  und bauten unser Lager ab. Nebenbei grüßten wir die Pilger, die an uns vorbeizogen, welche meist ein Schmunzeln im Gesicht hatten. Durch unser spätes Aufstehen wurden wir in den Herbergen stets als letzte  mit dem Besen aus der Tür gefegt. Wir hatten jedoch im Gegensatz zu vielen anderen Pilgern keine große Eile. Wir kamen  nach knapp sieben Tagen in Santiago de Compostela an und  beschlossen, schnell auch noch das letzte Stück nach Finisterre zu wandern.

Gerade die letzte Strecke wird nur von wenigen Pilgern begangen, obwohl man auch dort eine Urkunde bekommt, die gerade die deutschen Wanderer brauchen, um den Beweis anzutreten, die Strecke tatsächlich  gegangen zu sein! Man wandert durch leichte Berge und etwas einsamere Gegenden und erreicht erst am letzten Tag das Meer. Leider spielte das Wetter nicht mit und durch den vielen Regen verlor mein Wanderpartner die Lust und kürzte mit dem Bus ab. Diese Aktion bescherte ihm aber im Nachhinein Probleme. Denn die recht zickige deutschstämmige Herbergsdame wollte ihn nicht in der Pilgerherberge übernachten lassen, da Jens das letzte Stück offensichtlich nicht gewandert war. Dies erkannte sie an seinen  trockenen Klamotten und schickte ihn in ein Hotel. Da er dafür aber kein Geld hatte, ging er zurück zur letzten Herberge und nächtigte dort. All dies trennte uns für zwei Tage, und da wir beide damals kein Handy dabei hatten, grenzt es schon fast an ein Wunder, dass wir uns wiedergefunden haben.

Zum Schluss muss ich noch einen namenlosen Schweizer Wanderer erwähnen, den wir trafen. Er war ein ” echter” Pilger, der von seiner Haustür aus gestartet und innerhalb der letzten 4 Monate über die Alpen quer durch Frankreich und Spanien gewandert war – insgesamt  2200 km- laut eigener Aussage. Um Zahnarztkosten zu sparen, ließ er sich seinen Backenzahn ziehen, da eine Füllung zu teuer gewesen wäre. Dagegen waren wir geradezu verweichlicht…

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