Gear review: Gossamer Gear L4T Trekkingstöcke

Ein Trekkingstock mit nur 113g gemessenen Gewichts pro Stock ist verlockend, auch wenn der Preis von gut 100€ pro Trekkingpole nach dem Bonusaufschlag des deutschen Zolls einem evtl. schwindlig werden lässt.
In diesem Preissegment erwarte ich natürlich einiges, obwohl Carbon Trekkingstöcke von bekannten namhaften Herstellern in derselben Preis-Liga mitspielen. In der Lieferung waren die beiden Trekkingstöcke L4T in der Handschlaufen-Variante und somit einer eingelassenen Mutter am oberen Ende der Stäbe enthalten. Zusätzlich hatte ich den Kameramount zum Anschrauben erworben. Da ich die Handschlaufen nicht verwenden werde, war dieser Kameramount auch der einzige Grund,  die etwas teureren Stäbe mit der Handschlaufe erworben zu haben. Ich spare aber wieder Gewicht ein, da ich nun immer einen Monopod für meine DSLR zur Hand habe.

Der Moment, in dem man einen der Stöcke in der Hand hält, ist dann doch recht verblüffend. Denn bei einem gemessenen Gewicht von 121g incl. Kameramount und 113g ohne diesen, sind die Stöcke kaum spürbar. Qualitativ konnte ich keine Mängel erkennen und komplettierte meine Ausrüstung für meinen PCT thruhike ’12 mit den beiden Stöckchen.
Nach 2660 Meilen ist das Resüme allerdings ein wenig niederschmetternd. Ich habe auf der Wanderung mit allen Thruhikern gesprochen, die mit denselben Trekkingstöcken unterwegs waren und ALLE hatten mindestens schon einen der Stöcke durchgebrochen. Das selbe passierte mir auch in Oregon, wobei ich mit einem Stock an einem rutschigen Hang im Schlamm hängenblieb und das (erschreckend niedrige) Biegemoment den unteren Teil des Trekkingstocks durchbrach.
Ich muss dabei zudem noch erwähnen, dass ich die Stöcke zu 95% nicht in der Hand hatte sondern schön im Rucksack verstaut, da ich noch nie mit Trekkingstöcken wandern mochte – sie stören mich nur in meinem natürlichem Rhythmus. Die restlichen Eigenschaften der Stäbe sind in Ordnung, obwohl das System der Längenverstellung viel Feingefühl braucht und nur dann funktioniert, wenn man das untere Ende nicht zu lose dreht. Ansonsten muss man das untere Teil rausziehen, den Gummipropfen wieder so fest drehen, dass der Teil gerade noch in den oberen Teil passt und dann immer nachfixieren, bis man die gewünschte Länge erreicht. Das System ist also frickeliger und zeitintensiver als andere marktübliche Lösungen. Der Handgriff ist sehr angenehm in der Hand. Auch im feuchten Zustand hat er keinerlei Blasen bei der Nutzung erzeugt. Auch die Steifigkeit der Stöcke ist ausreichend, um ein Tarp damit aufzustellen.
Es bleibt somit die Frage, für wen diese Stöcke geeignet sind und die Antwort ist nicht ganz offensichtlich. Für Thruhiker kann ich die Stöcke nicht empfehlen, auch nicht für diejenigen, die wie ich die Stöcke nur zum aufbauen des Tarps und für Flussüberquerungen sowie im Schnee nutzen wollen. Denn gerade bei einer Flussüberquerung oder dem balancieren an einem schneebedeckten Hang kann das brechen des Trekkingstocks im Moment der Belastung in gefährliche Situationen umschwenken. Und als reine Tarpstange ist das Gewicht durchaus zu unterbieten indem man eine reguläre Carbonstange nimmt. Auch das Format der Stöcke im zusammengeschobenen Zustand ist nicht günstig. An einem Rucksack wie meinem Zpacks Exo schauen sie gut und gerne 20 cm über den Rucksack hinaus und bleiben so ständig in tiefen Ästen hängen. Und für den Transport im Flugzeug muss man sich auch etwas überlegen, da sie in keinen Standard Koffer hineinpassen.
All diejenigen Thruhiker, die trotzdem mit den Stöcken weiterhikten haben einen Ersatz von der Firma erhalten und sie werden wohl auch die nächsten Brüche ersetzt bekommen. Für mich schaut eine gute Lösung jedoch anders aus. Es bleibt in meinen Augen somit nur die Gruppe der Runner/Ultrarunner, bei denen die Trekkingpoles nur zur Stabilisierung in ungefährlichem Terrain zum Einsatz kommen und der Bruch eines der Stöcke keine lebensgefährlichen Situationen herbeiführen kann.
Für alle anderen Hiker die einen zuverlässigen Trekkingstock haben wollen, kann ich nur Aluminumstöcke nahe legen, da diese meist nicht brechen sondern sich erstmal verbiegen und somit nicht schlagartig versagen. Ein Kandidat ist der Fizan Compact 4, den ich evtl. auf meinem nächsten Trip antesten werde.